21.09.2022

Symposium MoRe 2022: „Neue Impulse für den Ausbau der Mobilen Rehabilitation"

Am 20. Mai 2022 veranstaltete die Bundesarbeitsgemeinschaft Mobile Rehabilitation (BAG MoRe) gemeinsam mit der DVfR und der Diakonie Deutschland unter dem Motto „neue Impulse für den bedarfsgerechten Ausbau der mobilen Rehabilitation in Deutschland“ wieder ein Symposium zur Mobilen Rehabilitation. Ziel der Veranstaltung war, über neue Entwicklungen zu informieren und Perspektiven der mobilen Rehabilitation, auch im Hinblick auf neue Zielgruppen, auszuloten. Die thematischen Schwerpunkte lagen u. a. auf den Themen Gemeinsame Empfehlungen zur mobilen Rehabilitation, Vorhaben der neuen Bundesregierung im Bereich medizinische Reha und Pflege, Überlegungen zu einer indikationsübergreifenden mobilen Rehabilitation und Erfahrungen unter den Bedingungen der Corona-Pandemie.

Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch den Vorsitzenden der BAG MoRe, Dr. Rudolf Siegert, im Intercity-Hotel Berlin stellte Dr. Norbert Lübke, Leiter des Kompetenz-Centrums Geriatrie beim Medizinischen Dienst, die „Gemeinsamen Empfehlungen zur mobilen Rehabilitation“ (GE MoRe) des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Krankenkassen vom 01.06.2021 vor. Die Empfehlungen bieten neue Voraussetzungen und Chancen, die mobile Rehabilitation weiterzuentwickeln und auszubauen. Diese steht nun gleichwertig neben ambulanter und stationärer Rehabilitation und ist immer dann indiziert, wenn mit ihr die Rehabilitationsziele am besten zu erreichen sind.

Aus dem Blickwinkel der Praxis erläuterte Dr. Rudolf Siegert einige Aspekte der neuen Empfehlungen zur mobilen Rehabilitation. Er wies darauf hin, dass die BAG MoRe Interessenten für MoRe-Neugründungen Unterstützung anbietet.

In der Diskussion über Bedarfslagen wurde hervorgehoben, dass mobile Reha-Angebote für Menschen aller Altersgruppen mit schweren Teilhabeproblemen zielführend sind. Wegen der vorhersehbaren Fallzahlsteigerung sei vor allem ein Ausbau mobiler geriatrischer Rehabilitation (MoGeRe) erforderlich, insbesondere im Rahmen der geriatrischen Versorgungsnetze. Appelliert wurde an die Bereitschaft der Träger von Rehabilitationseinrichtungen, entsprechende Strukturanpassungen vorzunehmen. Auch die Bundesländer könnten wie in Bayern (Förderprogramm MoRe-Ausbau) den strukturellen Ausbau unterstützen.

In einer Videobotschaft übermittelte Sabine Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), den Wunsch der Bundesregierung an Anbieter und Leistungsträger, den Ausbau der mobilen Rehabilitation zu unterstützen, da sie wertvolle Arbeit zur Teilhabeförderung leiste.

Während der Corona-Pandemie konnten die MoRe-Einrichtungen ihre Versorgung insgesamt gut aufrechterhalten, berichtete Dr. Martin Warnach, Vorstandsmitglied BAG MoRe. Dr. Christiane von Rothkirch, medizinische Geschäftsführerin der Mobilen Rehabilitation Bremen, erläuterte die konkreten Herausforderungen während der Pandemie am Beispiel der Arbeit der MoRe Bremen.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther, MdB, amtierende Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Gesundheit, unterstrich in ihrem Vortrag die Vorteile mobiler Rehabilitation: Diese ist konsequent auf die alltagsrelevante Teilhabe der Betroffenen orientiert, bezieht die Angehörigen ein, ist multiprofessionell aufgestellt und kooperiert und kommuniziert mit der Pflege und anderen Bereichen. Frau Dr. Kappert-Gonther unterstrich die Notwendigkeit, die bestehende Unterversorgung zu beseitigen und die erforderlichen Angebote zu schaffen. Mit Blick auf Versorgungsstrukturen der Zukunft mahnte sie eine bessere sektor- und bereichsübergreifende Zusammenarbeit an. Sie bat die Teilnehmenden um konkrete Hinweise auf Versorgungslücken und gut begründete Vorschläge, wie die weitere Etablierung der MoRe unterstützt und die Sektorenbezogenheit des Sozialgesetzbuchs überwunden werden kann.

In der anschließenden Podiumsdiskussion ging es um Versorgungslücken in der medizinischen Rehabilitation und um Möglichkeiten der indikationsübergreifenden mobilen Rehabilitation, diese Lücken zu schließen. Es diskutierten: Gerd Kukla, GKV-Spitzenverband, Frank Weniger, Sozialverband VdK Deutschland, Dr. Max Emanuel Liebl, Deutsche Gesellschaft für Physikalische und Rehabilitative Medizin (DGPRM), und Heike Gatzke, Stiftung Kreuznacher Diakonie/BAG MoRe. Dr. Matthias Schmidt-Ohlemann, BAG MoRe/DVfR, moderierte die Diskussionsrunde.

Einigkeit bestand darin, dass Menschen jüngeren Alters mit schwersten Beeinträchtigungen – beispielsweise bei Polytrauma, Amputation mit schwerem Verlauf, Sepsis, Dialysepflicht u. a. – einen Bedarf an mobiler Rehabilitation haben können, wenn alltagsrelevante Teilhabeziele im Vordergrund stehen, die am besten mit adaptiven Rehabilitationsstrategien zuhause mit Unterstützung der Familie / des sozialen Umfelds erreicht werden können. Demzufolge wurde kritisch gesehen, dass die GE MoRe für diese Altersstufen ausschließlich auf indikationsspezifische mobile Rehabilitation gerichtet sei und indikationsübergreifende Ansätze ausblende. Ein flächendeckender Aufbau von Angeboten der MoRe, die stets auf einen regionalen Wirkungskreis begrenzt ist (Umkreis von ca. 30 Min. Fahrtzeit), sei für einzelne Indikationen außerhalb der Geriatrie schon aufgrund der regional niedrigen Fallzahlen kaum realisierbar. Zur Überwindung von Reha-Lücken bedürfe es indikationsübergreifender Ansätze. Die in der neuen GE MoRe enthaltenen Definitionen zu teilhabeorientierten Zielen und Grundlagen seien allerdings wertvoll für Weiterentwicklungen der Strukturen.

Der Indikationsbezug der GE MoRe sollte daher kein Dogma sein. Je mehr Adaptation als Reha-Strategie erforderlich ist, desto mehr tritt die Indikationsspezifik in den Hintergrund. Die interdisziplinäre mobile Rehabilitation sei immer dann angebracht, wenn Teilhabeprobleme mit adaptiven Reha-Strategien im häuslichen Umfeld erfolgreich gelöst werden können. Die dabei fallweise erforderliche zusätzliche Fachlichkeit könne durch Zusammenarbeit mit spezialisierten Fachärzten über eine konsiliarische Einbindung gewährleistet werden.

Beim strukturellen Ausbau der Rehabilitation sei die Teilhabeorientierung wichtiger Maßstab und dieser gelinge nicht ohne mobile Rehabilitation. Etablierte stationäre und ambulante Rehabilitationseinrichtungen sollten sich – ebenso wie Pflegeheimbetreiber – angesprochen fühlen, beim Ausbau von Versorgungsnetzwerken auch MoRe-Angebote anzudocken und diese aufzubauen.

In seinem Vortrag über Perspektiven der mobilen Rehabilitation in der psychiatrischen Versorgung bekräftigte Jörg Holke, Aktion Psychisch Kranke (APK), die Forderung nach bedarfsgerechten, teilhabefördernden Versorgungsmöglichkeiten, einschließlich mobiler Reha-Strukturen. Dabei verwies er auf die Ergebnisse des laufenden Psychiatrie-Dialogs (Fachdiskurs zur Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation psychisch schwerer erkrankter Menschen) und auf das Projekt „Mobile medizinische Rehabilitation für seelische Gesundheit und Teilhabe“ (RESET).

Zum Abschluss der Veranstaltung dankte Dr. Rudolf Siegert allen Beteiligten für die interessanten Beiträge und Diskussionen, die wertvolle Impulse für den Ausbau bedarfsgerechter mobiler Rehabilitation gaben.

Die Präsentationen der Vortragenden und die achtminütige Videobotschaft von Sabine Dittmar sind auf der Website der BAG Mobile Rehabilitation aufrufbar.