Diskussionspapier des DVfR-Fachausschusses „Psychische Beeinträchtigungen“ zu Versorgungslücken in der medizinischen Rehabilitation für Menschen mit komplexen Teilhabebeeinträchtigungen
Trotz gesetzlicher Regelungen fehlen bedarfsgerechte Angebote der medizinischen Rehabilitation für Menschen mit komplexen Teilhabebeeinträchtigungen infolge psychischer Erkrankung. Darauf macht der Fachausschuss der DVfR „Psychische Beeinträchtigungen“ in seinem Diskussionspapier aufmerksam. Er empfiehlt u. a. dafür zu sorgen, dass der Rechtsanspruch auf rehabilitative Leistungen erfüllt wird und entsprechende Angebote für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen auf- und ausgebaut werden.
Schätzungen zufolge gelten 500.000 bis eine Million Menschen in Deutschland als schwer psychisch krank. Die meisten von ihnen erfahren komplexe Teilhabebeeinträchtigungen und haben daher einen hohen Unterstützungsbedarf. Gesetzlich liegen alle notwendigen Regelungen vor, um den rehabilitativen Bedarf dieser Zielgruppe zu decken. § 13 Abs. 2 SGB IX beschreibt die individuelle und funktionsbezogene Bedarfsermittlung, die auch für Menschen mit komplexen Teilhabebeeinträchtigungen infolge psychischer Erkrankung anzuwenden ist. § 42 Abs. 2 und Abs. 3 SGB IX listen die Leistungen, darunter u. a. medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, auf, die für die medizinische Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen besonders relevant sind.
Der Fachausschuss führt in seinem Papier aus, dass die Angebotslandschaft der Komplexität der Teilhabebeeinträchtigungen von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen – beispielsweise durch mobile Rehabilitationsangebote – noch nicht Rechnung trägt. Es wird kritisiert, dass Rehabilitationseinrichtungen für psychisch Kranke (RPK), die Komplexleistungen der medizinischen und beruflichen Rehabilitation anbieten, sich insbesondere an Menschen mit einer eher positiven Prognose für die Wiederherstellung ihrer Erwerbsfähigkeit wenden. Bemängelt wird außerdem, dass sich nur wenige Einrichtungen an Menschen in der Adoleszenz oder an Menschen mit den Doppeldiagnosen Sucht und Psychose richten.
Der Fachausschuss identifiziert vier Hemmnisse für die beschriebene Versorgungslücke: 1. der Begriff „Rehabilitationsfähigkeit“, der nicht allgemein verwendet werden sollte, um das Problem nicht ausschließlich auf Seiten der Betroffenen zu verorten, 2. die unsystematische und dysfunktionale Bedarfsfeststellung, 3. die institutionszentrierte, wenig durchlässige Sichtweise und 4. die sehr zeitaufwendige und mit hohen Anforderungen verbundene Neugründung von Einrichtungen bzw. Entwicklung neuer Angebote.
Das Diskussionspapier bietet auch Empfehlungen, um die Versorgungslücke in der medizinischen Rehabilitation für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen perspektivisch zu schließen.
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