06.02.2024

HSI: Tagungsdokumentation Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und Barrierefreiheit

Das Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung und die Universität Kassel haben eine ausführliche Dokumentation ihrer gemeinsamen Tagung zur „Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und Barrierefreiheit“ am 13. Oktober 2023 in Frankfurt am Main veröffentlicht.

Zwischen August 2021 bis Juni 2022 haben das HSI sowie die Universität Kassel in Kooperation mit dem Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) das 2016 und 2018 novellierte Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) evaluiert. Die interdisziplinär ausgerichtete Evaluation wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) durchgeführt. Auf der Fachtagung wurden die Ergebnisse der BGG-Evaluation (Bundestags-Drucksache 20/4440) einer breiten (Fach-)Öffentlichkeit vorgestellt. Die Ergebnisse wurden mit ca. 150 Teilnehmenden aus Betrieben, Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft, Rechtsprechung und Politik diskutiert und dabei auch Reformbedarfe zur Förderung der Gleichstellung sowie Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und der Barrierefreiheit herausgearbeitet.

Komplizierte Verfahren bei Behörden als häufigste Barriere für Menschen mit Behinderungen

Mit dem BGG setzte die Bundesregierung 2002 die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention, der EU-Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie und des Grundgesetzes um. Es soll Barrierefreiheit herstellen und vor Benachteiligungen durch Behörden der Bundesverwaltung schützen. Gleichzeitig erleben Menschen mit Behinderungen komplizierte Verfahren bei Behörden als häufigste Barriere in ihrem Alltag, so ein Ergebnis der vorgestellten BGG-Evaluation. Im Anschluss an die Darstellung der empirischen und rechtswissenschaftlichen Ergebnisse der Evaluation wurden themenspezifische Ergebnisse in vier Gruppen diskutiert.

Zu den Schlussfolgerungen zählen u. a. die folgenden Punkte:

  • Die BGG-Reform war ein wichtiger Schritt zur Anpassung an die UN-BRK.
  • Das BGG hat für viele noch nicht den gewünschten Stellenwert. Gleichstellung und Barrierefreiheit sind als Querschnittsthema im Sinne eines Mainstreamings zu etablieren und Sensibilisierungs- und Informationsmaßnahmen zu fördern.
  • Die Schnittstellen zum Zivilrecht, insbesondere Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), sollten systematisch bearbeitet und Private stärker verpflichtet werden.
  • Eine Verbesserung der Rechtsdurchsetzung ist anzustreben. Wichtig dabei sind eine Reform des Verbandsklagerechts und eine Stärkung des kollektiven Rechtschutzes.
  • Digitale Barrierefreiheit gewinnt in allen Lebensbereichen an Bedeutung und ist Schwerpunktthema, um zukünftig Teilhabe zu sichern.

Die Vorträge, Diskussionsgruppen und Podiumsdiskussionen wurden in einem Kurzbericht, einem ausführlichen Tagungsbericht und einer Präsentation der Kernpunkte zusammengefasst. Prof. Dr. Felix Welti von der Universität Kassel und die damalige HSI-Direktorin Prof. Dr. Johanna Wenckebach erläutern die Ergebnisse der Evaluation des BGG in einem Podcast. Die Präsentationen der Tagung stehen zum Download auf der Website des HSI als PDFs zur Verfügung (nicht barrierefrei).

Zur Tagungsdokumentation auf der Website der Hans-Böckler-Stiftung

(Quelle: Hans-Böckler-Stiftung)