18.01.2019

Bundesvereinigung Lebenshilfe begrüßt Änderung der Psychotherapie-Richtlinie

Mehr Zeit, angepasste Methoden: Menschen mit geistiger Behinderung erhalten seit dem 21. Dezember 2018 zusätzliche Leistungen im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung. Grundlage sind Änderungen in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) über die Durchführung der Psychotherapie.

So können künftig Menschen mit einer geistigen Behinderung bis zu zehn psychotherapeutische Sprechstunden-Einheiten je Krankheitsfall in Anspruch nehmen anstatt sechs. Sie dienen u. a. der Abklärung, ob ein Verdacht auf eine Störung vorliegt und weitere fachspezifische Hilfen im System der gesetzlichen Krankenversicherung notwendig sind.

Die Deutsche Gesellschaft für seelische Gesundheit bei Menschen mit geistiger Behinderung e.V. (DGSGB) und die Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. hatten dem G-BA im Jahr 2015 Vorschläge zur Verbesserung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung von Menschen mit einer geistigen Behinderung gemacht. Diese Vorschläge hat der Unterausschuss Psychotherapie zum Anlass genommen, hierzu ein Prüfverfahren einzuleiten. Das Ergebnis sind Änderungen in der Psychotherapie-Richtlinie vom 19.02.2009, um die psychotherapeutische Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung zu verbessern. Zur Eingrenzung der Personengruppe wird eine sogenannte Intelligenzstörung vorausgesetzt. Und zwar nach dem Abschnitt F70-F79 nach der ICD 10, dem Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Alternativen zu einer überwiegend sprachbasierten Therapie

Menschen mit kognitiven Einschränkungen falle es oft nicht leicht, ihre Beschwerden zu formulieren und Verhaltensmuster zu reflektieren, erläutert die Bundesvereinigung Lebenshilfe in einer Reaktion auf die geänderte Richtlinie. „Das ist auch eine Herausforderung bei der Therapie: Denn psychotherapeutische Behandlungen sind derzeit noch sehr sprachbasiert. Es wird über existierende Probleme geredet, Lösungsmöglichkeiten werden im Gespräch erarbeitet. Das erfordert ein hohes Maß an Kommunikations- und Konzentrationsfähigkeit, was Menschen mit geistiger Behinderung manchmal fehlt.“ In der Behandlung müssten deshalb Wege gefunden werden, eventuelle sprachliche Barrieren zu überwinden. Eine Hilfestellung könnten hier zum Beispiel Piktogramme, aber auch Bezugspersonen geben. Dem wird die Psychotherapie-Richtlinie gerecht, indem sie u. a. für die Einbeziehung von Bezugspersonen Therapieeinheiten zur Verfügung stellt. Bezugspersonen können beispielsweise auch Mitarbeiter von Diensten und Einrichtungen der Eingliederungshilfe sein.

Umgang mit kognitiv beeinträchtigten Menschen in der Psychtherapie-Ausbildung fehlt bislang

Allerdings fehle es immer noch an Therapeutinnen und Therapeuten, die die erforderlichen Kenntnisse im Umgang mit kognitiv eingeschränkten Menschen hätten und bereit seien, die Behandlung zu übernehmen, so die Bundesvereinigung Lebenshilfe. Deshalb setze man sich weiterhin dafür ein, dass dieses Wissen während der Psychotherapie-Ausbildung vermittelt werde und zusätzliche Anreize für die Behandlung von Menschen mit geistiger Behinderung geschaffen würden.

Zur Richtlinie über die Durchführung der Psychotherapie auf der Webseite des G-BA

Zu weiteren Informationen der Bundesvereinigung Lebenshilfe

(Quelle: Gemeinsamer Bundesausschuss, Bundesvereinigung Lebenshilfe)