16.11.2023

Barrierefreies Reisen in Deutschland ist ausbaufähig

Menschen mit Behinderungen stehen beim Reisen häufig vor Barrieren – eine Teilhabe ist schwierig. Derzeit sind von rund 65.000 touristischen Einrichtungen hierzulande nur 2.798 zertifiziert nach dem bundesweiten Informations- und Kennzeichnungssystem „Reisen für Alle.“ Beim Ausschuss für Tourismus des Deutschen Bundestages gab es am
15. November eine Anhörung zum barrierefreien Reisen mit acht Sachverständigen.

Rolf Schrader vom Deutschen Seminar für Tourismus Berlin möchte das Siegel „Reisen für Alle“ bekannter machen. „Es braucht viel mehr sogenannte Kümmerer auf der kommunalen Ebene, die die Partner vor Ort ansprechen, aufklären und bei der Zertifizierung begleiten.“ Bislang sei das Engagement in Sachen barrierefreies Reisen durch unterschiedliche Voraussetzungen in den Bundesländern ungleich verteilt.

Norbert Kunz vom Deutschen Tourismusverband forderte eine „Finanzierungsstruktur von Bund und Ländern, die dauerhaft ist und sicher.“ Jonas Fischer vom Sozialverband VdK bemängelte, dass der Weg hin zum Reiseziel oft nicht barrierefrei sei, beispielsweise bei Reisen mit der Bahn. André Nowak vom Deutschen Behindertenrat plädierte für bessere Informationsangebote. Man müsse gezielt herausfinden können, welche Verbindungen vom Abfahrtsort bis zum Ziel komplett barrierefrei erreichbar seien. Häufig fehlen auch Informationen zur Barrierefreiheit bei Hotels. Deshalb fordert Markus Luthe vom Hotelverband Deutschland, dass Online-Buchungsplattformen diese Informationen mit aufnehmen.

Hintergrund

Seit 2014 gibt es die Möglichkeit der Zertifizierung „Reisen für Alle“, getragen vom Deutschen Seminar für Tourismus Berlin e. V. Eine Zertifizierung ist für Angebote entlang der gesamten touristischen Leistungskette möglich – z. B. für Touristinformationen, Beförderungsmittel, Übernachtungsbetriebe, kulturelle Einrichtungen, Rad- und Wanderwege sowie Orte und Regionen. Es soll eine bundesweit einheitliche und verlässliche Kennzeichnung für Barrierefreiheit anhand von klaren Qualitätskriterien sein. Neben dem Logo „Barrierefreiheit geprüft“ weisen Piktogramme darauf hin, für welche Personengruppe (z. B. Rollstuhlfahrer oder gehörlose Menschen) die touristische Einrichtung zugänglich ist. Im September 2023 beschlossen Bund und Länder, wie das System ab 2024 fortgeführt und gemeinsam fortentwickelt werden soll. Vorgeschlagen wurden Koordinierungsstellen in den Ländern, die Lizenzen für „Reisen für Alle“ vergeben können. In der Zertifizierung werden relevante Daten für sieben verschiedene Gästegruppen erhoben:

  • Menschen mit Gehbehinderung,
  • Rollstuhlfahrer,
  • Menschen mit Hörbehinderung,
  • gehörlose Menschen,
  • Menschen mit Sehbehinderung,
  • blinde Menschen und
  • Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung.


Vertiefte Informationen

Tourismus-Ausschuss des Deutschen Bundestages

Internetplattform "Reisen für Alle"

Webseite der Deutschen Zentrale für Tourismus e.V. zu barrierefreiem Reisen und Reisezielen

 

(Quellen: Ausschuss für Tourismus im Deutschen Bundestag; „Reisen für Alle“, Deutsches Seminar für Tourismus, DSFT, Berlin e. V.)