07.04.2022

Projekt zur Verbesserung von Diagnose und Therapie bei Seltenen Erkrankungen

Ein Projekt des „Nationalen Aktionsbündnisses für Menschen mit Seltenen Erkrankungen“ (NAMSE) strebt an, die Versorgung der Betroffenen hierzulande zu verbessern. Darin kooperieren 13 universitäre Zentren, um Diagnosen zu beschleunigen. Multiprofessionelle Teams wurden in der Versorgung und Beratung tätig. In der dreijährigen Projektzeit nutzten rund 6.000 Patientinnen und Patienten diese Angebote. Seltene Erkrankungen gehen meist mit Behinderungen einher.

Das Projekt TRANSLATE-NAMSE

Etabliert wurden in dem Projekt strukturierte Patientenpfade für Personen, bei denen ein Verdacht oder eine noch unklare Diagnose auf eine seltene Erkrankung besteht. Um den Übergang von der Jugend- in die Erwachsenenmedizin besser zu strukturieren, führte das Projekt bedarfsbezogene, multiprofessionelle Versorgungs- und Beratungsangebote ein, so der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der u.a. das Projekt unterstützte.

Zu den Projekt-Maßnahmen gehören:

  • Interdisziplinäre und ggf. multizentrische (standortübergreifende) Fallkonferenzen
  • Gezielte Durchführung innovativer Diagnostik
  • Verbesserte Kommunikation mit Primärversorgern durch die Einführung der Persönlichen Einrichtungsübergreifenden Patientenakte (PEPA)
  • Strukturierte Transition von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin
Ergebnisse des Projekts

Die Evaluation des Projekts habe gezeigt, dass sich mit dem neuen Angebot bei vielen Patientinnen und Patienten mit einem Verdacht auf eine seltene Erkrankung die Versorgungseffizienz wesentlich verbesserte, so der G-BA. Bei einem Drittel der im Projekt Versorgten konnte eine gesicherte Diagnose gestellt werden. Bei einem Viertel der Patientinnen und Patienten wurde sogar eine seltene Erkrankung sicher diagnostiziert. Die Diagnosestellung erfolgte zudem im Durchschnitt innerhalb eines halben Jahres, so dass dann umgehend eine bedarfsgerechte Therapie eingeleitet werden konnte. Nicht zielführende Diagnostik und Therapieversuche seien hingegen vermieden worden.

Auf Basis der Projektergebnisse seien bereits bundesweit über verschiedene Kassenarten hinweg Selektivverträge geschlossen worden. Eine Beitrittsoption für weitere Krankenkassen sei vorgesehen und damit eine breite Versorgung möglich. Der Innovationsauschuss bittet darüber hinaus insgesamt elf Institutionen im Gesundheitswesen, darunter auch den G-BA, zu prüfen, inwiefern die erprobten Ansätze in ihrem Zuständigkeitsbereich berücksichtigt werden können: Beispielsweise, um Verträge zur koordinierten Feststellung und Behandlung einer seltenen Erkrankung weiterzuentwickeln, um stationäre Leistungen adäquat zu vergüten und um die ambulante spezialfachärztliche Versorgung für seltene Erkrankungen zu erweitern.

Seltene Erkrankungen

Gemäß NAMSE gibt es über 8.000 seltene Erkrankungen, allein in Deutschland sind rund vier Millionen Menschen betroffen. Häufig sind seltene Erkrankungen Ursache für Behinderungen und eine verringerte Lebenserwartung. Der Weg bis zur richtigen Diagnose ist oft lang – bei Kindern dauert es im Durchschnitt viereinhalb und bei Erwachsenen achteinhalb Jahre. Auch eine adäquate Versorgung ist noch nicht gegeben. In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen betroffen sind. In der EU sind dies zirka 30 Millionen. Seltene Erkrankungen sind sehr heterogen und zumeist komplexe Krankheitsbilder. Sie verlaufen meist chronisch, gehen mit Invalidität und/oder eingeschränkter Lebenserwartung einher und beginnen häufig bereits im Kindesalter. Etwa 80 Prozent der Seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt oder mitbedingt und selten heilbar.

DasNationale Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen“ (NAMSE)

Im Jahr 2010 hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE e. V.) das NAMSE gegründet. Ziel des Aktionsbündnisses ist es, durch gemeinsames Handeln dazu beizutragen, die Lebenssituation jedes einzelnen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung zu verbessern. Weitere Informationen bietet die NAMSE-Website.

Das vom Nationalen Aktionsbündnis konzipierte Projekt TRANSLATE-NAMSE wurde u. a. durch den Innovationsausschuss des G-BA gefördert. Weitere Informationen zum Projekt bietet die Charité Universitätsmedizin Berlin, die am Projekt beteiligt ist.

(Quellen: Gemeinsamer Bundesausschuss, G-BA; Charité Universitätsmedizin Berlin, Nationales Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen, NAMSE)