17.05.2022

Menschen mit Behinderungen vor Gewalt schützen

In einem gemeinsamen Papier erstellten der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Jürgen Dusel und die Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) Handlungsempfehlungen für Politik und Praxis zum Thema „Schutz vor Gewalt in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen“. Diese erschienen im Mai 2022.

Die Handlungsempfehlungen richten sich gemäß den Autorinnen und Autoren des Papiers gezielt an Verantwortliche in Politik und Praxis in Bundesregierung und Landesregierungen, bei den Sozialhilfeträgern, bei Einrichtungsträgern der Behindertenhilfe und an die Fachkräfte. Aber auch die Aufsichts-, Strafverfolgungs- und Justizbehörden seien in der Pflicht.

In Deutschland leben derzeit rund 200.000 erwachsene Menschen mit Behinderungen in Wohneinrichtungen. Rund 330.000 Menschen sind in Werkstätten beschäftigt, so die Autorinnen und Autoren.
 
Die Leiterin der Monitoring-Stelle UN-BRK, Britta Schlegel, betont: „Jegliche Form von Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen ist grund- und menschenrechtlich verboten und nicht zu tolerieren. In Wohneinrichtungen und Werkstätten erleben Menschen mit Behinderungen jedoch häufig Gewalt, darunter körperliche oder sexualisierte Gewalt, psychischen Druck und teilweise auch unrechtmäßige freiheitsentziehende Maßnahmen. Wir kennen zahlreiche Fälle, wissen aber auch, dass das Dunkelfeld sehr hoch ist.“ Deswegen müssten Politik und Behindertenhilfe dringend handeln.
 
Jürgen Dusel unterstreicht, dass der Staat verpflichtet sei, vor Gewalt zu schützen. „Deswegen ist es gut, dass der Gesetzgeber im letzten Jahr mit der Schaffung von § 37a SGB IX einen ersten wichtigen Schritt gemacht hat, um Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen besser zu schützen.“ Es gebe aber immer noch große Lücken und Probleme bei diesem Thema. Deshalb fordere er den Bund auf, bestehende Gesetze nachzubessern. Aber auch die Länder, die Leistungsträger und Leistungserbringer seien in der Pflicht, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Der aktuelle Koalitionsvertrag, in dem verbindliche Maßnahmen zum Gewaltschutz vereinbart wurden, stimme ihn zuversichtlich. Die dort getroffenen Vereinbarungen müssten schnell und wirksam umgesetzt werden. Die vorliegenden Handlungsempfehlungen sollen als konkrete Unterstützung dienen.
 
Das gemeinsame Papier „Schutz vor Gewalt in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen – Handlungsempfehlungen für Politik und Praxis“ bezieht sich inhaltlich auf diese Bereiche:

  1. Gewaltschutzkonzepte: Wirkungsvolle Umsetzung des § 37a SGB IX
    und gesetzgeberischer Nachbesserungsbedarf
  2. Partizipation und Empowerment: Selbst- und Mitbestimmung von
    Bewohnerinnen, Bewohnern und Beschäftigten
  3. Intervention und Opferschutz: Vernetzung mit dem externen
    Unterstützungssystem und wirksamer Zugang zum Recht
  4. Unabhängige Überwachung des Gewaltschutzes


Das Papier liegt in Alltagssprache, in Leichter Sprache und in einer Zusammenfassung in Deutscher Gebärdensprache vor.
 

Weitere Informationen

Website und Downloads zum Thema Gewaltschutz, Deutsches Institut für Menschenrechte
Gewaltschutz von Menschen mit Behinderungen - Interview mit Britta Schlegel, Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des DIMR
 

(Quellen: Deutsches Institut für Menschenrechte, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen)