09.06.2021

Fehlende Regelung für Finanzierung von Assistenz

Viele Menschen mit Behinderungen oder mit Pflegebedarf benötigen im Alltag eine Assistenzperson. Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung fordern, dass im Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) geregelt wird, wie diese Assistenzperson bei Krankenhausaufenthalten zu finanzieren ist. Schon lange gibt es Kritik am Fehlen einer Regelung.

Betroffene können derzeit bei einer Klinikbehandlung oft nicht die notwendige Unterstützung erhalten. Ein Krankenhausaufenthalt sei eine große Herausforderung: eine fremde, oft beängstigende Umgebung und unbekanntes Krankenhauspersonal, mit dem eine gelingende Kommunikation nicht immer gewährleistet sei, erläutern die Fachverbände. Darauf weisen sie auch in einer Stellungnahme zum Teilhabestärkungsgesetz vom März 2021 und einem Positionspapier vom Mai 2020 hin.

Finanzierung von Assistenz nicht geregelt

„Es ist eine Katastrophe, dass dieser Mangel in der Versorgung von Menschen mit Behinderung im Krankenhaus nach wie vor besteht. Der Gesetzgeber muss zwingend auch hierfür eine Lösung finden“, sagte Ulla Schmidt, ehemalige Gesundheitsministerin und Vorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe. „Es muss in Zukunft möglich sein, dass Menschen mit Behinderung, die auf Unterstützung angewiesen sind, von einer vertrauten Person im Krankenhaus begleitet und hierfür die Kosten übernommen werden.“ Dieser Missstand sei seit vielen Jahren bekannt und habe sich nicht zuletzt in der Corona-Pandemie und den damit einhergegangenen vermehrten Krankenhausaufenthalten verschärft.

Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung erläutern, dass durch das Fehlen von Assistenz Behandlungen aufgeschoben werden oder im schlimmsten Fall ganz unterbleiben können. Erst kürzlich habe der Bundestag mit der Verabschiedung des Teilhabestärkungsgesetzes die Bundesregierung aufgefordert, noch in dieser Legislaturperiode zur Lösung dieses Problems einen Vorschlag zu unterbreiten. Eine Regelung könnte im GVWG aufgenommen werden, in dem gerade auch eine kleine Pflegereform beschlossen wurde.

Die Finanzierung von Assistenz ist derzeit stark abhängig von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen. Einige finanzieren die Assistenz selbst oder nutzen das sogenannte Persönliche Budget. Im Krankenhaus kann die medizinische Notwendigkeit ärztlich attestiert werden, sodass die Krankenkasse die Aufenthaltskosten der Assistenzperson übernimmt. Dies ist aber oft nicht kostendeckend. Aus Sicht der Fachverbände für Menschen mit Behinderung könnte die Finanzierungsverantwortung entweder bei der Gesetzlichen Krankenversicherung oder bei den Trägern der Eingliederungshilfe liegen – je nachdem, welche Person die Assistenz übernimmt.

Leistungsgerechtigkeit in der Pflegeversicherung

Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung fordern außerdem, dass mit dem GVWG-Gesetzgebungsvorhaben in den verbleibenden Sitzungen des Bundestages bis zur Wahl im September 2021 auch die Leistungsgerechtigkeit der Pflegeversicherung für Menschen mit Behinderung bedacht wird. Dazu erklärt Ulla Schmidt: „Menschen mit Behinderung zahlen genauso wie alle anderen in die Pflegeversicherung ein. Dennoch haben sie, wenn sie in gemeinschaftlichen Wohnformen wohnen, einen auf 266 Euro monatlich begrenzten Anspruch auf die Leistungen der Pflegeversicherung. Diese Ungerechtigkeit muss endlich beendet und die diskriminierende Sonderregelung abgeschafft werden.“

Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung

Die fünf Mitgliedsorganisationen dieses Verbundes repräsentieren rund 90 Prozent der Dienste und Einrichtungen für Menschen mit geistiger, seelischer, körperlicher oder mehrfacher Behinderung in Deutschland. Die Mitglieder sind die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V., die Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V., der Anthropoi - Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen e. V., der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e. V. und der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e. V.

Weitere Informationen

Presseinformationen und Positionspapier der Verbände für Menschen mit Behinderung zum Thema Assistenz

(Quellen: Die Fachverbände für Menschen mit Behinderungen)