06.04.2022

Disability Mainstreaming in Bund, Ländern und Kommunen konsequent umsetzen

Deutschland ist auch 13 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) noch weit von einer inklusiven Gesellschaft entfernt. Das hat das Deutsche Institut für Menschenrechte anlässlich des Jahrestags des Inkrafttretens der UN-BRK in Deutschland erklärt. Das Institut fordert ein ressortübergreifendes „Disability Mainstreaming“ in Bund, Ländern und Kommunen.

Die Konvention trat am 26. März 2009 in Deutschland in Kraft. Sie verpflichtet alle staatlichen Stellen, alle geeigneten Maßnahmen zur Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu treffen (Artikel 4 UN-BRK). Dem Institut zufolge ist in vielen politischen Bereichen der Paradigmenwechsel von einer Fürsorgepolitik hin zu einer Politik der Inklusion und Selbstbestimmung noch nicht vollständig vollzogen worden. So würden die Auswirkungen politischer Entscheidungen auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht immer mitgedacht, wie u. a. die Pandemiepolitik gezeigt habe. Um gleichberechtigten Schutz der Gesundheit und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen sicherzustellen, brauche es ein konsequentes ressortübergreifendes Disability Mainstreaming in Bund, Ländern und Kommunen, so Dr. Leander Palleit, Leiter der Monitoring-Stelle UN-BRK des Instituts.

Disability Mainstreaming ist die umfassende Bezeichnung dafür, dass alle politischen Entscheidungen, die die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betreffen, in Übereinstimmung mit der UN-BRK erfolgen. Bei der Verabschiedung von Gesetzen oder Normen sollen somit die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen mitgedacht und Selbstvertretungsorganisationen einbezogen werden.

Nach Ansicht des Instituts sollten in Bundestag und Länderparlamenten nicht nur die Sozialausschüsse, sondern auch alle anderen Ausschüsse die Umsetzung der UN-BRK als ihre Aufgabe begreifen und Bedarfe von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen. „Alle Politiker und Politikerinnen vertreten unabhängig von ihrer fachlichen Spezialisierung immer das ganze Volk. Wir reden hier immerhin von rund einem Fünftel der Bevölkerung“, betonte Palleit. Viel zu oft würden Themen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, beim Sozialressort verortet oder allein dessen Initiative überlassen.

Das Institut fordert aktuell Bund, Länder und Kommunen auf, bei der Aufnahme geflüchteter Menschen die Bedarfe beeinträchtigter Menschen mitzudenken. Beim Bund betreffe das die Ausgestaltung des Asylrechts, bei den Ländern und Kommunen die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung. „Das gilt nicht nur in der aktuellen Situation und nicht nur für Geflüchtete aus der Ukraine“, so Palleit.

Das Institut stellt online Empfehlungen zur Umsetzung der UN-BRK für die aktuelle Legislaturperiode bereit, auch in Leichter Sprache: Pressemitteilung und Empfehlungen.

(Quelle: Deutsches Institut für Menschenrechte)