05.04.2023

Der Paritätische: Befragung von Menschen mit kognitiven Behinderungen

Der Forschungsbericht „Selbstbestimmung und Herausforderungen im Alltag von Menschen mit kognitiven Behinderungen in Wohneinrichtungen“ aus dem Projekt „Teilhabeforschung: Inklusion wirksam gestalten“ gibt Einblicke in die Ergebnisse qualitativer Interviews, die in einem partizipativen Forschungssetting 2021 erhoben wurden.

Der Bericht stellt die Ergebnisse der Interviews vor, die geführt wurden zu den Themenfeldern Mobilität und Barrierefreiheit - Bewegung im öffentlichen und digitalen Raum, Gesundheitsversorgung, Freizeitgestaltung, soziale Kontakte und Persönliches Budget. Auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie werden beleuchtet.

Aus den Ergebnissen

Mit Blick auf „Selbstbestimmung und Herausforderungen in alltäglichen Lebensbereichen“ ist bei der Mobilität im Bericht zu lesen, dass es neben den baulichen Barrieren auch Kommunikationsbarrieren gibt. Diese tragen zu Verständnisschwierigkeiten von Informationen im ÖPNV bei. Es mangle etwa an Beschilderungen für eine bessere und schnellere Orientierung, was ein adäquates Aneignen und Einordnen der bereitgestellten Informationen einschränke. Außerdem fehlten gut verständliche Anzeigetafeln, von denen gerade Menschen mit  Hörbeeinträchtigungen profitieren könnten.

Im Bereich der digitalen Medien wurde neben der teilweise noch aufzubauenden Medienkompetenz und der notwendigen Unterstützung auch die ungenügende Verständlichkeit von Informationen genannt. „Hier kann vor allem der Informationsüberfluss und dabei fehlende Leichte Sprache zum Problem werden.“ Darüber hinaus wurde die mangelnde Barrierefreiheit und fehlende Vorlesefunktion kritisiert.

Im Bereich Gesundheitsversorgung wünschten sich einige Befragten eine Fortbildung der Ärztinnen und Ärzte im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen und in der Nutzung von Leichter Sprache. Da oft nur mit der Begleitperson gesprochen werde, beklagen die Betroffenen ein Informationsdefizit bei gesundheitlichen Anliegen, das eigene Entscheidungen dann erschwere.

Das Persönliche Budget als eine Leistungsform des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX), die Selbstbestimmung und Wahlfreiheit von Menschen mit Behinderung fördern soll, war weitgehend unbekannt unter den Befragten.

Der Bericht resümiert, es sei essenziell, „dass Menschen mit Behinderung die Möglichkeit haben bzw. darin unterstützt werden, sich jene Kompetenzen anzueignen, die ihnen den Alltag erleichtern und zugänglich machen und auch selbstbestimmtes Entscheiden und Handeln ermöglichen.“

Partizipative Teilhabeforschung

Des Weiteren setzt sich der Bericht mit den Chancen und Herausforderungen der partizipativen Teilhabeforschung auseinander. Der Paritätische weist darauf hin, dass der interdisziplinäre Forschungsansatz auch wertvolle Impulse für die Verbandsarbeit generieren könne, die sich aus der Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten in eigener Sache ergeben. So biete eine partizipative Betrachtung und Untersuchung von Problemen und Herausforderungen den Betroffenen die Möglichkeit, entsprechende politische Forderungen aus ihrer eigenen sozialen Wirklichkeit und ihrer alltäglichen Lebenspraxis und Wahrnehmung heraus zu entwickeln und diese in den gesellschaftlichen Diskurs einzubringen.

Das Projekt „Teilhabeforschung: Inklusion wirksam gestalten“ des Paritätischen Gesamtverbands wird von der Aktion Mensch Stiftung gefördert und wurde in Kooperation mit der Gesellschaft für teilhabeorientiertes Qualitätsmanagement mittels qualitativer Peer-Interviews durchgeführt.

zum  Forschungsbericht „Selbstbestimmung und Herausforderungen im Alltag von Menschen mit kognitiven Behinderungen in Wohneinrichtungen“

(Quelle: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e. V.)