17.05.2023

Behindertenbeauftragte fordern mehr Inklusion im Gesundheitssystem

Am 11. und 12. Mai 2023 kamen in Bad Nauheim die Behindertenbeauftragten des Bundes und der Länder sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR) zum 65. Treffen zusammen. Gemeinsam verabschiedeten sie die „Bad Nauheimer Erklärung", in der sie die Umsetzung eines inklusiven Gesundheits- und Pflegewesens fordern.

Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, sieht das vordringlichste Problem im Gesundheitsbereich in der fehlenden Barrierefreiheit von Arztpraxen: „Es kann doch nicht sein, dass es immer noch Bundesländer gibt, in denen es nicht eine einzige barrierefreie gynäkologische Praxis gibt. Die medizinische Versorgung gehört zur Basis der Daseinsvorsorge. Dass Menschen mit Behinderungen hier immer noch ausgeschlossen werden, insbesondere wenn es um die ambulante Versorgung geht, ist eines Landes wie der Bundesrepublik Deutschland unwürdig“, so Dusel.

Damit Menschen mit Behinderungen jeden Alters den gleichen Zugang zur Gesundheits- und Pflegeversorgung erhalten wie Menschen ohne Behinderungen, sollte das gesamte Gesundheitssystem barrierefrei ausgestaltet werden, fordern die Beteiligten. Darüber hinaus seien spezifische Angebote für die besonderen Bedarfe von Menschen mit Behinderungen vorzuhalten. Außerdem sieht Jürgen Dusel großen Handlungsbedarf bei der Hilfsmittelversorgung insbesondere von Kindern und Jugendlichen: „Wenn Kinder ihre Hilfsmittel nicht zeitnah bekommen, schließen sich Zeitfenster, in denen Fähigkeiten aufgebaut bzw. deren Verlust verhindert werden kann. Es ist inakzeptabel, dass Krankenkassen Anträge, die von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten als dringend notwendig eingestuft werden, nach Aktenlage ablehnen.“

Prof. Dr. Helga Seel, die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR), mahnt eine Verbesserung der Rehabilitation von Menschen mit Schwerstverletzungen an. Sie erläutert dazu, dass viele Patientinnen und Patienten nach einer erfolgreichen Akutbehandlung im Krankenhaus immer noch einen hohen Unterstützungsbedarf haben, weil sie bspw. noch nicht wieder selbstständig essen können. Nach aktueller Definition gelten sie als „noch nicht reha-fähig“. Viele werden deshalb nach Hause oder in eine Pflegeeinrichtung entlassen, anstatt in eine Reha-Einrichtung. Daher fordert Prof. Dr. Seel: „Hochleistungsmedizin braucht Hochleistungsrehabilitation.“

Die Treffen der Behindertenbeauftragten finden zweimal jährlich statt und dienen der Beratung aktueller behindertenpolitischer Themen.

Bad Nauheimer Erklärung

(Quelle: Hessisches Ministerium für Soziales und Integration)