23.03.2021

Behindertenbeauftragte fordern Impfangebote für Menschen mit Behinderungen

Menschen mit Behinderungen und einem sehr hohen Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf müssen jetzt ein Impfangebot erhalten – das haben die Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen von Bund und Ländern in einer Gemeinsamen Erklärung am 17. März 2021 gefordert. Menschen mit einem solchen Risiko sollen nicht die Leidtragenden sein, wenn immer mehr Gruppen ohne Vorerkrankungen vorgezogen werden.

Die Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) vom Bundesgesundheitsministerium ist unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) erlassen worden. Weil zu wenig Impfstoff zur Verfügung steht, um allen Menschen in Deutschland zeitnah ein Impfangebot machen zu können, ist eine Priorisierung erforderlich. Die Gemeinsame Erklärung der Behindertenbeauftragten beschreibt hierzu das Problem, das sich immer mehr Länder über die Vorgaben der Verordnung hinwegsetzten und Gruppen in ihren Impfstrategien vorzögen, die noch gar nicht berechtigt seien.

„Leidtragende sind Menschen mit schwerwiegenden Vorerkrankungen und Behinderungen, deren Impfung sich dadurch verzögert, obwohl sie einen Anspruch haben. Dieses Vorgehen kann über Leben oder Tod entscheiden. Das muss ein Ende haben!“

Die Beauftragten fordern daher:

  1. keine weiteren Gruppen in die Impfpriorisierungsliste der CoronaImpfV aufzunehmen, wenn sie nicht selbst ein erhöhtes Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf haben oder Kontaktpersonen sind;
  2. strikt in der Reihenfolge der Impfverordnung zu impfen;
  3. innerhalb der Priorisierungsgruppen zuerst die Personengruppen mit einem Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf zu impfen;
  4. dass bei Kindern mit Behinderungen oder Vorerkrankungen, die selbst nicht geimpft werden können, aber ein erhöhtes Risiko für einen schweren bis tödlichen Krankheitsverlauf haben, die zu impfenden Kontaktpersonen nicht zahlenmäßig begrenzt werden;
  5. dass die Länder zur Optimierung der Einzelfall-Verfahren die behandelnden Ärztinnen und Ärzte mit der Beurteilung des Risikos für einen schweren bis tödlichen Krankheitsverlauf beauftragen. Die Länder sollen von der Möglichkeit nach § 6 Abs. 6 CoronaImpfV entsprechend Gebrauch machen.

Die Gemeinsame Erklärung erläutert hierzu, dass Menschen mit gravierenden Risiken aufgrund einer Vorerkrankung oder Behinderung in vielen Fällen nicht in der Coronavirus-Impfverordnung berücksichtigt wurden, weil ihre Diagnosen zu selten sind, um statistisch ins Gewicht zu fallen. Diese Menschen hätten Angst wegen eines erhöhten Sterberisikos – sie sähen sich gleichzeitig bedroht für den Fall, dass Triage-Entscheidungen erfolgen. Zum Teil lebten sie seit über einem Jahr in Selbstisolation. Dafür wurden Einzelfall-Entscheidungen für eine Corona-Schutzimpfung nach individueller ärztlicher Beurteilung aufgrund besonderer Umstände ermöglicht. Nach Auswertung der Rückmeldungen an die Beauftragten führen die derzeitigen Einzelfall-Verfahren zu erheblichen Verzögerungen und seien deshalb oft nicht zielführend.

Pressemitteilung zur Gemeinsamen Erklärung vom 17.03.2021: Impfreihenfolge: Ungerechtigkeit stoppen!

(Quelle: Behindertenbeauftragte von Bund und Ländern)