Auszeichnung: Bundesverband Schädel-Hirnpatienten in Not mit Kurt-Alphons-Jochheim-Medaille geehrt
Die Deutsche Vereinigung für Rehabilitation e. V. (DVfR) hat den Bundesverband Schädel-Hirnpatienten in Not e. V. für sein herausragendes Engagement als Selbsthilfeorganisation von Betroffenen für Betroffene mit der Kurt-Alphons-Jochheim-Medaille ausgezeichnet. Die Verleihung fand am 13. November 2020 online statt.
Der Verband mit über 3.000 Mitgliedern vertritt die Interessen von Menschen mit Schädel-Hirn-Trauma, schwerem Schlaganfall, Hirnblutung und von wiederbelebten Menschen im Koma oder Wachkoma sowie aller Schädel-Hirn-Erkrankten. 70 regionale Gruppen im Bundesgebiet betreuen Betroffene vor Ort.
Hohe fachliche Kompetenz und außerordentliches Engagement
„Zur Verbesserung der Lebenssituation und der Versorgung der betroffenen Menschen bringt der Verband die aus der Betroffenheit seiner Mitglieder gewachsene Kompetenz als Selbsthilfeorganisation mit Stellungnahmen, vielfältigen Gesprächen und anderen Interventionen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ein“, so Sozialrechtsexperte und Hauptvorstandsmitglied der DVfR Prof. Dr. Harry Fuchs in seiner Laudatio. Die konsequente Umsetzung des Peer Counseling – also die Beratung von Betroffenen durch Betroffene – stärke deren Selbstbestimmung und Beteiligung, heißt es in der gemeinsam mit der Medaille verliehenen Urkunde. „Der Bundesverband Schädel-Hirnpatienten in Not zeichnet sich durch eine hohe fachliche Kompetenz und außerordentliches Engagement für die neurologische Rehabilitation und die Förderung der Teilhabe von schwerstbeeinträchtigten Menschen aus“, unterstrich der Vorsitzende der DVfR Dr. Matthias Schmidt-Ohlemann im Rahmen der Medaillenverleihung.
Wie entstand der Bundesverband Schädel-Hirnpatienten in Not?
Die Geschichte des Bundesverbands begann vor über 30 Jahren, als der 24-jährige Wolfgang Nentwig beim Skifahren verunglückte und fast 50 Minuten unter einer Schneelawine lag. Er wurde wiederbelebt, verstarb aber fünf Monate später an den Folgen seines schweren Schädel-Hirn-Traumas. Für Patienten und Patientinnen wie ihn gab es damals im gesamten Bundesgebiet nur wenige Behandlungsplätze für Frührehabilitation. Fast alle Menschen mit schweren Kopfverletzungen im Koma und Wachkoma fanden damals in Deutschland weder eine angemessene Krankenhausbehandlung noch Rehabilitation vor. So erging es auch Wolfgang Nentwig. „Wir fühlten uns in dieser Zeit 1988 völlig allein gelassen und standen einer unfassbaren Situation gegenüber“, erinnert sich Armin Nentwig an den Kampf um das Leben seines Sohnes.
1990 gründete Nentwig den Bundesverband Schädel-Hirnpatienten in Not e. V., dem er bis heute vorsitzt. Schwerpunkt der Verbandsarbeit ist der Ausbau der neurologischen Rehabilitationsphasen.
Fortschritte in der neurologischen Rehabilitation
Für Patientinnen und Patienten im „Apallischen Durchgangssyndrom“ (Wachkoma) gibt es heute bundesweit eine fast flächendeckende und durchgängige Versorgung. Dies ist auch ein Verdienst des Bundesverbandes Schädel-Hirnpatienten in Not e. V. Seit 30 Jahren hat die bundesweite Notrufzentrale in Amberg über 100.000 betroffene Familien begleitet und betreut.
Seit 2001 ist die Frührehabilitation durch das SGB IX als Bestandteil der Krankenhausbehandlung im SGB V verankert. „Wir arbeiten weiterhin an Verbesserungen und Mängeln in allen Reha-Bereichen“, so Nentwig. Besonders wichtig sei dabei die größtmögliche Teilhabe der Betroffenen am gesellschaftlichen Leben.
In Verbundenheit mit Prof. Dr. Dr. Kurt Alphons Jochheim
Die Medaille ist nach Kurt-Alphons Jochheim benannt, der als Pionier der Neurorehabilitation und Leiter des Rehabilitationszentrums der Universität Köln dem Bundesverband Schädel-Hirnpatienten in Not nahestand. Bereits 1997 gab es eine gemeinsame Veranstaltung in Köln.
Die DVfR würdigt mit der Verleihung das große Engagement und die ehrenamtliche Arbeit des Verbandes. Damit verbindet sie auch eine besondere Anerkennung für Armin Nentwig und seine Verdienste um die Rehabilitation von Schädel-Hirnpatientinnen und -patienten.
Nentwig dankt der DVfR für die jahrzehntelange Unterstützung und bezieht dabei alle ehrenamtlich Tätigen des Bundesverbands und die Fachkräfte in Pflege, Therapie und Medizin in diese höchste Anerkennung mit ein.
Mit der Kurt-Alphons-Jochheim-Medaille ehrt die DVfR seit 2011 Initiativen, die in herausragender Weise die individuelle und umfassende Rehabilitation behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen fördern und zu deren Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beitragen. Namensgeber der Medaille ist der 2013 verstorbene Pionier der Neurorehabilitation in Deutschland: Prof. Dr. Dr. Kurt-Alphons Jochheim.
Weitere Informationen
Laudatio von Prof. Harry Fuchs
Urkunde zur Medaillen-Verleihung
Webseite des Bundesverbands Schädel-Hirnpatienten in Not e. V.
Bundesweite Notrufnummer: 06921 / 6 48 00