28.08.2023

Mehrheit für Ausbau der Pflegeversicherung

Das Bündnis für eine solidarische Pflegevollversicherung stellt aktuelle Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage vor, nach denen sich eine große Mehrheit der Bevölkerung von 81 Prozent für den Ausbau der gesetzlichen Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung ausspricht. Die Kosten bei Pflegebedürftigkeit v. a. in Pflegeheimen sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen.

Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa befragte 1010 Personen über 18 Jahre. Unter den Befürwortenden sind Anhängerinnen und Anhänger verschiedener Parteien (SPD 79 %, Grünen 82 %, CDU 78 %, FDP 76 %). Das Bündnis für eine solidarische Pflegevollversicherung fordert aufgrund dieser hohen Werte die Bundesregierung dazu auf, den Ausbau der Pflegeversicherung anzugehen. Dies berichtet der Paritätische Wohlfahrtsverband, der zusammen mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di das Bündnis initiierte.

Derzeit müssten Pflegebedürftige im ersten Jahr ihres Aufenthaltes in einem Pflegeheim durchschnittlich rund 2.700 Euro pro Monat selbst aufbringen. Davon entfielen auf die pflegerische Versorgung rund 1.250 Euro, der Rest setze sich zusammen aus Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten, so der Paritätische. Nur eine kleine Minderheit von 14 Prozent gehe laut Umfrage davon aus, diese Kosten im Pflegefall selbst stemmen zu können. Lediglich sechs Prozent der Befragten halten Zusatzkosten trotz Pflegeversicherung in dieser Höhe für angemessen. Besorgniserregend sei, dass eine große Mehrheit (76 %) deutlich unterschätzt, was sie im Falle von Pflegebedürftigkeit in einem Heim zahlen müsste. Rund ein Drittel der Menschen in Pflegeheimen seien auf Sozialhilfe angewiesen.

“Wenn die Pflegeversicherung nicht endlich solidarisch ausgebaut wird, werden immer mehr Menschen von den hohen Kosten bei Pflegebedürftigkeit kalt erwischt. Pflegebedürftigkeit entwickelt sich immer mehr zu einer regelrechten Armutsfalle,“ so der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes Ulrich Schneider.

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann sagt: „Aktuelle Auswertungen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zeigen, dass die Eigenanteile der Pflegebedürftigen infolge von Preissteigerungen und Lohnerhöhungen in der Pflege ungebremst weiter wachsen. Nachdem sie von 2021 auf 2022 mit einem Plus von 24 Prozent bereits einen großen Sprung nach oben gemacht haben, stellen wir im ersten Halbjahr 2023 einen weiteren Anstieg um knapp 8 Prozent fest.“ Die Politik sei dringend gefordert, den Anstieg weiter zu begrenzen und die steigenden Eigenanteile der pflegebedürftigen Menschen durch eine jährliche Dynamisierung der Pflegeleistungen zu verringern.

Weitere Mitglieder des Bündnisses für eine solidarische Pflegevollversicherung sind der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), der Sozialverband Deutschland (SoVD), der Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen, der Deutsche Frauenrat, die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA-Pflegeschutzbund), die Volkssolidarität und die Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Die Präsidentin des Caritasverbandes, Eva-Maria Welskop-Deffaa, warnt  vor einer Überfrachtung der Pflegeversicherung.  „Die Pflegeversicherung muss so weiterentwickelt werden, dass bei einer lang währenden Pflegebedürftigkeit zuhause oder in einer Einrichtung die notwendigen Pflegeleistungen auskömmlich refinanziert sind. Aber wir brauchen kein Erbenschutzprogramm. Wir müssen uns gegenseitig darin bestärken zu sagen: Wer alt und krank ist, hat das gute Recht, Vermögen für Pflege aufzuzehren, um gut versorgt zu sein."

Weitere Informationen

Ergebnisse der Forsa-Umfrage bietet die Website des Paritätischen Gesamtverbands

Pressemitteilung des Paritätischen vom 24. August 2023 zur "Umfrage zu Pflegekosten: Große Mehrheit für Vollversicherung in der Pflege"

Pressemitteilung des Caritasverbandes vom 28. August 2023  "Ambulante Altenhilfe darf nicht zum Aschenputtel der Pflege werden"

(Quellen: Der Paritätische Gesamtverband, AOK Bundesverband, Deutscher Caritasverband)