26.02.2020

Symposium Mobile Rehabilitation: „Mobile Rehabilitation und Kurzzeitpflege – Die Brücke nach Hause?!“

Mehr als 70 ausgewiesene Expertinnen und Experten nahmen am Symposium der Bundesarbeitsgemeinschaft Mobile Rehabilitation (BAG MoRe) am 17. Januar 2020 in Berlin teil. Im Mittelpunkt stand die zukünftige Gestaltung der Kurzzeitpflege und ihre Kooperationsmöglichkeiten mit der Mobilen Rehabilitation. Die Tagung fand in Kooperation mit der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation e. V. (DVfR) und der Diakonie Deutschland statt.

Kurzzeitpflege für pflegebedürftige Menschen

Im Rahmen einer empirischen Analyse des Bedarfes an Leistungen der medizinischen Rehabilitation (Studie des Bundesministeriums für Gesundheit: „Ermittlung des allgemeinen Rehabilitationsbedarfs und Evaluation Mobiler Geriatrischer Rehabilitation in stationären Pflegeeinrichtungen und der Kurzzeitpflege“, September 2018) wurde bei ca. 45 Prozent der Betroffenen in der Kurzzeitpflege (im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung) ein Rehabilitationsbedarf festgestellt. Bei ca. 15 % war dieser schon ermittelt und eine Rehaleistung beantragt. Fast die Hälfte der Personengruppe mit Rehabedarf kann durch stationäre oder ambulante Rehabilitationsformen versorgt werden. Für die andere Hälfte kommt lediglich eine Mobile Rehabilitation (MoRe) in Betracht. Hauptziele sind Vermeidung oder Verminderung von Pflegebedürftigkeit, Verhinderung einer dauerhaften Heimeinweisung und die Verbesserung von Körperfunktionen, Aktivitäten und insbesondere der Teilhabe in der eigenen Häuslichkeit oder auch in der Langzeitpflege.

Während der Kurzzeitpflege werden die Weichen für die nachfolgende Versorgung gestellt. Das Symposium thematisierte das Entlassmanagement aus dem Krankenhaus und ein Fallmanagement zur Überleitung in die eigene Häuslichkeit oder ggf. in eine Rehabilitationsleistung durch die Kurzzeitpflege und damit die zukünftige Gestaltung der Kurzzeitpflege, wie sie pflegebedürftigen Menschen vor allem nach einer stationären Krankenhausbehandlung oder bei Zuspitzung einer krankheitsbedingten Versorgungsproblematik zur Verfügung steht, wenn die häusliche Pflege vorübergehend nicht gewährleistet ist. Eine anwendungsorientierte Modellerprobung (Bericht des IGES Instituts: „Überleitungsmanagement und Behandlungspflege in der Kurzzeitpflege“, Januar 2020) belegt, dass eine verbesserte Personalausstattung die Qualität des Überleitungsmanagements deutlich steigert.

In seiner Einführung stellte Dr. Rudolf Siegert, Medizinischer Geschäftsführer der Mobilen Reha Bremen GmbH, fest, dass ca. 40 Prozent der Betroffenen in der Kurzzeitpflege die Aufnahme in eine Langzeitpflege überbrücken. Dieser Anteil ist mancherorts noch höher. Der in § 40 SGB V festgeschriebene Anspruch auf Mobile Rehabilitation bezieht sich auch auf Patientinnen und Patienten in der Kurzzeitpflege, die sich nicht in ihrem gewohnten Umfeld befinden. Derzeit gebe es allerdings noch kein flächendeckendes Angebot, sondern bundesweit nur 18 Einrichtungen und zwei weitere in Gründung.

Aufgaben der Kurzzeitpflege aus Sicht der Politik

Dr. Martin Schölkopf vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) führte in den rechtlichen Rahmen ein und thematisierte den weiter steigenden Bedarf an Pflegeplätzen. Das aktuelle Kurzzeitpflege-Angebot bestehe vorwiegend aus eingestreuten Plätzen in vollstationären Langzeitpflege-Einrichtungen. Als weitere Herausforderung nannte er die besonderen Versorgungsbedarfe („Überleitungsmanagement“), den höheren Versorgungsaufwand und schwankende Belegungszahlen der solitären Kurzzeitpflege-Einrichtungen. Auf politischer Ebene gebe es verschiedene Ansätze zur Stärkung von Angeboten für eine verlässliche Kurzzeitpflege. In acht Bundesländern bestehen Initiativen zur Investitionskostenförderung, und auf Bundesebene erarbeitet das BMG ein umfassendes Konzept.

Teilhabesicherung als Herausforderung für die Kurzzeitpflege

Dr. Matthias Schmidt-Ohlemann (s. Vortrag Teilhabesicherung als Herausforderung für die Kurzzeitpflege), Vorsitzender der BAG MoRe und der DVfR, stellte zunächst fest, dass Pflegebedürftige mit Rehabedarfen, die sich in Kurzzeitpflege befinden, trotz ihres gesetzlichen Anspruchs oft keine Teilhableistungen erhalten. Der hohe Rehabedarf bei einer hohen Zahl von Nutzerinnen und Nutzern der Kurzzeitpflege führe zu einer Überforderung der Kurzzeitpflege. Teilhabeförderung für Pflegebedürftige nach einer gesundheitlichen Krise oder nach Krankenhausaufenthalt bedeute eine sozialstaatliche Leistung, damit Betroffene möglichst selbstbestimmt und selbstständig in der häuslichen Umgebung leben können. Gelingende Teilhabe sei ein salutogenetischer und wirtschaftlich kostensparender Faktor. Neben einer Rehabilitationsmaßnahme sei für eine gelingende Teilhabe eine Vielzahl weiterer Faktoren entscheidend.

Neben dem gemeinsamen Interesse aller Akteure bestehen laut Dr. Schmidt-Ohlemann unterschiedliche, sich zum Teil behindernde handlungswirksame Interessen, z. B. die zügige Entlassung des Patienten durch das Krankenhaus oder die Ausgabenbegrenzung von Kranken- und Pflegekassen. Daraus ergebe sich eine komplexe Umsetzungsproblematik. Faktoren wie Frühverlegung, unzureichendes Entlassmanagement, fehlende Bedarfserkennung, Mangel an geeigneten Pflegeplätzen für Pflegebedürftige und geringe Verfügbarkeit von Mobiler Rehabilitation münden in eine Lückenbüßerfunktion der Kurzzeitpflege und vermindern Teilhabechancen. Der Übergang in eine Langzeitpflege werde somit wahrscheinlicher als die Rückführung in die häusliche Umgebung.

Die Teilhabeförderung als Aufgabe der Kurzzeitpflege leiste einen zentralen Teilhabebeitrag und dürfe kein Ersatz für unterlassene Rehaleistungen werden. Eine sorgfältige Bedarfserhebung müsse zwingend im Vorfeld erfolgen. Der gesetzliche Rahmen der Kurzzeitpflege solle deshalb deutlich teilhabefördernder gestaltet und dies auch bei den Qualitätsstandards sowie der Finanzierung berücksichtigt werden. Rehaangebote für Pflegebedürftige müssen indikationsspezifisch und geriatrisch ausgebaut werden. Aufgrund der besonderen Bedarfe vieler Pflegebedürftiger sei MoRe eine notwendige und wirksame Maßnahme und könne gut in der Kurzzeitpflege erfolgen. Dazu sei der Ausbau flächendeckend zu gestalten und Fachkräfte müssen eine qualifizierte Ausbildung durchlaufen.

Krankenhausbehandlung und nun? – Identifikation von Rehabilitationsbedarf

Dr. Christiane von Rothkirch (s. Vortrag Mobile Reha und Kurzzeitpflege), Leitende Ärztin der Mobilen Reha Bremen GmbH und Oberärztin im Klinikum Bremen-Ost, erläuterte die umfassende geriatrische Versorgung in Bremen durch geriatrische und neurologische Frührehabilitation, Reha-Ambulanz und seit 2013 durch inzwischen drei Standorte Mobiler Rehabilitation: Ca. 30 Prozent der dortigen Rehapatientinnen und -patienten erreichen die Angebote über die hausärztliche Versorgung, 70 Prozent kommen direkt aus dem Krankenhaus. Letzteres prüfe auf Veranlassung, ob eine Indikation für eine geriatrische Rehabilitation vorliegt, eine positive Prognose besteht, die Rehafähigkeit gegeben und welche Maßnahme geeignet ist. Im Antragsverfahren bestehe eine enge Zusammenarbeit zwischen den Akteuren.

Die Mobile Reha Bremen bietet in der mobilen (geriatrischen) Rehabilitation durch multiprofessionelle Teams zwei Therapieeinheiten an drei bis fünf Tagen mit maximal 45 Therapieeinheiten an. Die Therapie startet ggf. in der Kurzzeitpflege und wird in der endgültigen Wohnform fortgesetzt. Fast allen Rehabilitanden aus der Krankenhausversorgung, die eine Indikation für eine MoRe haben, habe man bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Rückkehr aus der Kurzzeitpflege in die häusliche Umgebung ermöglichen können.

Mobile Rehabilitation in der Kurzzeitpflege – Erfahrungen aus 20 Jahren

Heike Gatzke (s. Vortrag Mobile Rehabilitation in der Kurzzeitpflege – Erfahrungen aus 20 Jahren), Stiftung Kreuznacher Diakonie, berichtete über die umfassenden örtlichen Erfahrungen des seit fast 30 Jahren bestehenden Mobilen Rehabilitationsdienstes. Die Pflegefachkräfte seien in das Team integriert mit dem Ziel, dass die überwiegende Therapieanzahl in der angestrebten Wohnform stattfindet. Jahresdurchschnittlich gebe es bis zu 180 MoRe-Patientinnen und -Patienten. Pflegebedürftige gelangen in der Regel nach Klinikaufenthalt, bei erheblicher Pflegebedürftigkeit und bei Fehlen einer adäquaten Einrichtung in die Kurzzeitpflege. Hier werden die Weichen gestellt.

Durch die bundesweite Vereinheitlichung der Rehabeantragung (Rahmenvertrag „Entlassmanagement“) haben sich die Zugänge zur Mobilen Rehabilitation in Bad Kreuznach seit August 2018 grundlegend verändert. Die aktuelle Situation sei geprägt von der Zunahme stationärer Einrichtungen bei Abnahme der Kurzzeitpflegeplätze.

Zusammenfassend hielt Gatzke fest, dass die Anträge zwar abnehmen, die Fälle aber deutlich komplexer und mit höherem Pflegebedarf verbunden seien. Das Zeitfenster zwischen Bedarfserkennung in der Kurzzeitpflege und Antragsstellung sei zu kurz. Darüber hinaus sei zur Überbrückung aufgrund des Platzmangels eine Verlegung in eine Kurzzeitpflege-Einrichtung oft nicht möglich, obwohl diese für Menschen mit bestehender oder drohender Pflegebedürftigkeit unverzichtbar sei. Trotz erheblichem Pflegebedarf seien viele Patientinnen und Patienten rehafähig und die Therapie deutlich lebensweltorientierter geworden.

Chancen und Grenzen von MoRe und Kurzzeitpflege

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion wurden die Chancen und Grenzen der Mobilen Rehabilitation und Kurzzeitpflege erörtert. Die Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer waren sich einig, dass in der konzeptionellen Neugestaltung der Kurzzeitpflege für sehr unterschiedliche Bedarfe der poststationären Versorgung und in der Verknüpfung von Rehaangeboten Chancen liegen. Grenzen sah man hingegen in der unklaren Rollendefinition der Kurzzeitpflege. Eine klare Auftragsfestlegung und Aufgabenverteilung aller Akteurinnen und Akteure sei unerlässlich. Konsens bestand darin, dass das MoRe-Angebot noch nicht ausreichend bekannt sei und es bundesweit zu wenig Angebote gebe.

Carola Schweizer, Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft, sprach zum Thema Gestaltung einer teilhabefördernden Kurzzeitpflege. Sie stellte fest, dass die Kurzzeitpflege ein wichtiges Steuerelement mit den zentralen Aufgaben Klärung Unterstützungs- und Rehabedarf, Vorbereitung der Entlassung in die häusliche Umgebung sowie Teilhabemanagement ist. Die Einbindung von Angehörigen sei zwingend erforderlich. Neben Struktur- und Prozessqualität sollte die Bedarfserhebung auch soziale und materielle Ressourcen der häuslichen Umgebung erfassen. Aufgrund der besonderen Auftragssituation seien Versorgungsverträge für Hausärzte mit angemessenen Vergütungssätzen, eine ausreichende Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln und eine individuell bedarfsgerechte Dauer der Kurzzeitpflege wichtig.

Laut Dr. Bernd Deckenbach (s. Vortrag Mobile Rehabilitation und Kurzzeitpflege: Chancen und Grenzen), IGES Institut Berlin, bestehe eine Chance darin, dass die Aufgabe der Kurzzeitpflege nicht festgeschrieben sei. Da ein Großteil der Kurzzeitpflege-Patientinnen und -Patienten aus akutstationären Aufenthalten oder häuslichen Krisensituationen komme, seien die Faktoren Klärung der weiteren Versorgung, anspruchsvolle Behandlung und Förderung der Selbstständigkeit elementar. Ideal sei ein Überleitungsmanagement im Rahmen der Kurzzeitpflege. Problematisch sei das Aufeinandertreffen zweier Versorgungsbereiche nach SGB V (kurativ/rehabilitative Versorgung) und SGB XI (Pflege). Das Schnittstellenmanagement ambulant-stationär mit Bringschuld bei den Krankenkassen verlaufe oft defizitär. Die Kurzzeitpflege sei ein eigener Leistungsbereich, der aus seiner Sicht eine Spezialisierung erfordere. Eine gute Versorgung mit Kurzzeitpflege hält Deckenbach nur mit eigenständiger Leitung und Personal für sinnvoll. Das Eingebundensein in regionale Versorgungsstrukturen sei zwingend erforderlich.

Dr. Norbert Lübke (s. Kurzstatement Mobile Rehabilitation und Kurzzeitpflege: Chancen und Grenzen), Kompetenz-Centrum Geriatrie der Medizinischen Dienste und des GKV-Spitzenverbandes, stellte die These auf, dass das Kernproblem das besondere Klientel, zum Teil mit palliativmedizinischem Bedarf, und die oft unklare Ziel-Definition sei. Die Kurzzeitpflege müsse für dieses Klientel erhalten und qualitativ verbessert werden. Ein früherer Rehabeginn sei erstrebenswert. Verlegungseinrichtungen seien in der Pflicht, Rehabedarf zu erkennen und zu handeln. Die reine Palliativversorgung sei keine Indikation für die Kurzzeitpflege. Wichtig sei eine individuell angepasste Bedarfs- statt Angebotsorientierung, hierzu gehöre auch die Klärung, ob das Rehaziel eher ambulant oder stationär erreicht werden kann. Kurzzeitpflege sei aufgrund der zeitlichen Begrenzung und der Übergangsorientierung immer eine „Second-Best-Lösung“, die eine zielgerichtete, schnelle Überführung in die bestmögliche Rehamaßnahme nicht ersetze. So sei beispielsweise der flächendeckende Aufbau geriatrischer Einrichtungen zur Rehabilitation dringend erforderlich.

Die anschließende Diskussionsrunde, an der neben Schweizer, Dr. Deckenbach und Dr. Lübke auch Dr. Ute Schwartz vom BMG, Dr. Elisabeth Fix vom Caritasverband und Dr. Martin Warnach von der BAG MoRe teilnahmen, brachte folgende Ergebnisse:

  • Kurzzeitpflege ist eine bestehende Herausforderung in Pflege- und Krankenversicherung.
  • Die konzeptionelle Definition der Kurzzeitpflege ist unzureichend, hier sind alle Leistungserbringer, aber auch der Gesetzgeber und die Leistungsträger in der Pflicht.
  • Die Vernetzung der Angebote muss verbessert werden.
  • Idealziele sind eine geriatrische wohnortnahe Komplexversorgung und die spezialisierte, solitäre Kurzzeitpflege.
  • Probleme werden aufgrund der knappen Liegezeit in die Kurzzeitpflege verlagert.
  • In der Kurzzeitpflege kann die Rehafähigkeit der Patientin oder des Patienten zum Teil erst entwickelt werden, zum Teil ist diese von Anfang an gegeben.
  • Problematisch sind zwei parallele Abrechnungssysteme gemäß SGB XI und SGB V.
  • Pflegefachkräfte müssen im Rahmen der Kurzzeitpflege eine besondere Qualifikation haben.
  • Kurzzeitpflege hat viele Potentiale bei Scheidewegen und bei komplexen Bedarfen, die ausgeschöpft werden sollten (Weichenstell- und Brückenfunktion).
  • Ein Fallmanagement im Rahmen der Kurzzeitpflege ist zwingend erforderlich.
  • Kurzzeitpflege-Patientinnen und -Patienten haben hohen Bedarf an medizinischer Behandlung, der sich in der Vergütung nicht wiederfindet (wirtschaftliche Tragfähigkeitsklärung).
  • Die Kurzzeitpflege sollte trotz notwendiger Teilhabeorientierung keine „kleine Rehaeinrichtung“ werden.
  • Es herrscht ein akuter Mangel an Kurzzeitpflege-Plätzen. Deshalb sollte die qualitative Anforderung an Kurzzeitpflege nicht zu hoch, sondern realistisch sein. Dabei ist zu differenzieren zwischen Plätzen für die Verhinderungspflege mit geringeren Anforderungen und der nach § 42 SGB XI.
  • Der Fachkräftemangel in der Pflege führt zu Wartelisten im Bereich der Langzeitpflege.
  • Übergänge müssen optimiert werden, damit die Patientenversorgung sichergestellt und dabei die Förderung der selbstbestimmten Teilhabe nach Möglichkeit in der eigenen Häuslichkeit gewährleistet ist.

Silke Neubert (s. Vortrag Gesundheitsberatungin der Pflege: Ressourcen erkennen – Teilhabe fördern) Mobile Reha Bremen, widmete sich dem patientennahen Thema „Gesundheitsberatung in der Pflege – Ressourcen erkennen, Teilhabe fördern“ in Pflegeeinrichtungen und benannte als Faktoren für gelingendes Altern unter anderem Kontrollkompetenz, Erfahrung von Selbstbestimmung, Coping-Strategien und das Verlängern gesunder Lebensjahre. Im Rahmen der Beratung werden nach der Ziel- und Erwartungsklärung unter Nutzung vorhandener Strukturen Ressourcen aktiviert. Die Beratung habe aufsuchenden Charakter und sei freiwillig. Neubert stellte zwei Best-Practice-Fälle vor, bei denen mit Unterstützung der Gesundheitsberatung und bei hoher Eigenmotivation trotz erschwerter Umstände die Rückkehr in das häusliche Umfeld gelang.

Das Projekt REKUP: Eine Innovation für eine rehabilitativ orientierte Kurzzeitpflege stellte Dr. Stefan Grund (s. Vortrag Projekt REKUP: Rehabilitative Kurzzeitpflege in stationärem Umfeld), Agaplesion Bethanien Krankenhaus Heidelberg, vor. Es handelt sich um eine dreijährige Studie, welche im Oktober 2019 an drei Modellstandorten mit je sechs bis acht Plätzen begann. Zielgruppe sind vor allem geriatrische Patientinnen und Patienten mit Rehabedarf. Das Projekt dient der Erprobung und Untersuchung eines neuen Versorgungsangebots der rehabilitativen Kurzzeitpflege im stationären Setting. Ziele sind unter anderem die Stabilisierung von Funktionseinschränkungen, die Stärkung häuslicher Versorgung und Pflege sowie die therapeutische Versorgung. Evaluiert werden unter anderem Selbstbestimmung und Angehörigenbelastung. Das Programm umfasst die funktionelle Therapie sowie psychosoziale Interventionen.

Bei den Personen in der Kurzzeitpflege handelt es sich um eine äußerst heterogene Zielgruppe. Deshalb bewegt sich die Kurzzeitpflege gemäß § 42 SGB XI in einem hochspezialisierten Bereich mit anspruchsvollen Aufgaben. Der Forschungsstand hierzu ist bisher sehr gering. Dr. Stefan Grund wies auf die hohe Diskrepanz bei der Rehabedarfsfeststellung hin: Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) spricht hier von 6 Prozent, während Rehafachärzte den Bedarf mit 18 bis 32 Prozent angeben. Rehamaßnahmen werden auch bei vorliegender Indikation nur selten beantragt. Abschließend berichtete Dr. Grund über das Aktionsbündnis Kurzzeitpflege in Baden-Württemberg, welches die Weiterentwicklung der Kurzzeitpflege-Angebote und der gesetzlichen Rahmenbedingungen fokussiert.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Ergebnisse des Symposiums fasste Dr. Schmidt-Ohlemann zusammen. Er stellte zunächst fest, dass eine rechtliche Grundlage für die teilhabesichernde Funktion der Kurzzeitpflege fehle und eingefordert werden müsse. Sinnvoll wäre beispielsweise eine durch den Gesetzgeber angestoßene Rahmenvereinbarung. Mögliche Gestaltungsaspekte hierfür seien die Ergebnisse dieser Tagung. Schmidt-Ohlemann betonte die Gefahr einer qualifizierten Sonderform der Kurzzeitpflege, wenn diese Ausschlusscharakter annehmen sollte. Die Ausgestaltung der Kurzzeitpflege müsse aufgrund der heterogenen Bedarfe offenbleiben, um Notlagen überbrücken zu können. Dies erfordere eine hohe Entscheidungskompetenz der örtlichen Träger. Die aktuelle Situation sei davon geprägt, dass zu viele Patientinnen und Patienten in der Kurzzeitpflege aufgenommen werden, obwohl Rehabedarf und -möglichkeit gegeben sind. Weiter sei bei indikationsspezifischer Reha Pflegebedürftigkeit oft eine Kontraindikation und es finden nicht-zielführende Maßnahmen statt. Zentrale Aufgabe der Kurzzeitpflege bleibe nach Möglichkeit die Rückführung in die häusliche Umgebung, sofern dies die Patientin oder der Patient wünscht.

Für Gesetzesvorhaben sei es noch recht früh, es sollten zunächst prozessorientiert weitere Erfahrungen in Fachkreisen gesammelt und tragbare Modelle entwickelt werden. Offen bleibe, ob die Kurzzeitpflege sich in Richtung einer neuen, exklusiven Reha-Einrichtung entwickelt, in der alles unter einem Dach vereint ist, oder eher eine regionale Vernetzung stattfindet. Oberste Priorität habe die Integration von Teilhabeaspekten im Sinne einer Patientenorientierung, die an den multiplen und individuellen Bedarfen ausgerichtet ist, so Dr. Schmidt-Ohlemann. In jedem Fall finden im Rahmen von Mobiler Reha und Kurzzeitpflege wichtige Weichenstellungen statt, die eine optimale Versorgung gewährleisten.


Präsentationen der Referentinnen und Referenten:

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