02.11.2017

MAIK Award 2017 für die Behindertenaktivistin Dinah Christine Radtke

Anlässlich des 10. MAIK Münchner außerklinischer Intensiv Kongress am 27. und 28. Oktober 2017 wurde Dinah Christine Radtke mit dem MAIK Award ausgezeichnet. In seiner Laudatio stellte Hans-Joachim Wöbbeking die Preisträgerin vor, die zu den wohl bekanntesten Behindertenaktivistinnen Deutschlands gehört.

Die Liste ihrer Verdienste ist lang, und sie hat mit ihrem großen Engagement maßgeblich dazu beitragen, dass heute Menschen mit Behinderungen in weitaus größerem Ausmaß ein selbstbestimmtes Leben führen können als noch im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts. 1988 gehörte Radtke zu den Mitbegründern des Vereins Zentrum für Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. (ZSL) Erlangen, wo sie nicht nur stellvertretende Vorsitzende und hauptamtliche Mitarbeiterin war, sondern auch über viele Jahre Bereichsleiterin der Beratungsstelle. Als gelernte Übersetzerin für Englisch und Französisch war sie prädestiniert für den Kampf für die Behindertenrechte auf internationalem Parkett. 1991 wurde sie stellvertretende Vorsitzende von Disabled Peoples´ International (DPI) Europa, später Vorsitzende des DPI-Frauenkomitees weltweit, und von 2004 bis 2006 nahm sie an den Verhandlungen über die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen in New York teil. Als Vorsitzende des „International Disabled Women Caucus“ oblag ihr lange Zeit der spezielle Verantwortungsbereich Menschenrechte und bis heute ist sie für „Frauen und Minderheiten“ zuständig.

Seit 1998 ist Dinah Radtke im AK „Heimbeatmung und Respiratorentwöhnung“ aktiv, der heutigen Deutschen interdisziplinären Gesellschaft für außerklinische Beatmung (DIGAB) e.V., wo sie von 2009 bis 2016 dem Vorstand angehörte. Schon vielfach wurde Dinah Radtke geehrt, u.a. mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande (2000) und dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse (2009). Seit 2016 ist sie Ehrenbürgerin der Stadt Erlangen.

Dem MAIK Münchner außerklinischer Intensiv Kongress ist sie von Anfang an verbunden und gehört dem MAIK-Beirat an. Schon oft gestaltete sie den MAIK als Referentin und Moderatorin mit. Denn als behinderte Frau mit Beatmung weiß sie, wovon sie spricht. Nach ihren eigenen Worten ist für sie der MAIK Award „ein Zeichen der Wertschätzung von Menschen mit Behinderung und im Zusammenhang mit dem MAIK besonders von Menschen mit Beatmung“. In ihrer Dankesrede ging die Preisträgerin u.a. auch auf Partizipation ein. Für sie bedeute Partizipation, dass Menschen mit Behinderungen/mit Beatmung mitbestimmen, mitgestalten und mitentscheiden und sich gemeinsam mit Ärzten, Ärztinnen, mit Pflegekräften für bessere Bedingungen für Menschen mit Beatmung einsetzen können, in der eigenen Häuslichkeit und in der Klinik. Ein besonderes Anliegen ist für Radtke die dringend notwendige Assistenz im Krankenhaus, die es noch immer nicht für alle Menschen mit Behinderungen gibt. „Wir alle wissen, dass die normale Versorgung auf Station für einige von uns nicht ausreichend ist und dass es unter Umständen zu lebensbedrohlichen Situationen kommen kann“, so Radtke. Und hier gehe es auch vor allem um die Interessen derjenigen, die nicht für sich selbst sprechen könnten.

Es sei nichts Außergewöhnliches, behindert zu sein. Aber während die Gesellschaft einen Rollstuhl, Hörgeräte oder Brillen als selbstverständliche Hilfsmittel wahrnehme, betrachte sie ein Beatmungsgerät, ein Tracheostoma, einen Sprachcomputer und künstliche Ernährung argwöhnisch. Dabei sei deren Gebrauch ja nicht per se mit Leiden verbunden. Und warum müsse man sich eigentlich als schwerbehinderter Mensch rechtfertigen, wenn man sage: „Ich lebe gerne“? Man könne doch trotz schwerer Behinderung ein fröhlicher Mensch sein!

Die Preisträgerin, mit dem oft so strahlenden Lächeln, dankte für die „wunderbare Auszeichnung“, die sie - auch im Namen der Menschen mit Beatmung – gerne annehme. „Es ist gerade wichtig, dass Menschen mit Beatmung mittendrin in der Gesellschaft leben. Wir machen durch unser Beispiel das Leben menschlicher und lebenswerter für alle, weg von den üblichen Normen. Wir verändern den Blick - auch der anderen, der Nichtbehinderten - auf ein Leben mit Behinderung.“

Den MAIK Award überreichten Jörg Brambring und Christoph Jaschke, die beiden Kongresspräsidenten des MAIK Münchner außerklinischer Intensiv Kongress unter der Schirmherrschaft der Bayerischen Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Melanie Huml MdL. Seit 2012 wird er jährlich an ein Unternehmen, eine Initiative oder eine einzelne Person für eine herausragende Charity-Aktion und/oder ehrenamtliches Engagement für Menschen mit Behinderung, Krankheit und/oder Beatmung verliehen. Frau Radtke ist die erste behinderte Frau mit Beatmung, die mit dem MAIK Award ausgezeichnet wurde.

Weitere Informationen

(Quelle: IHCC Intensive Home Care Consulting GmbH, Pressemitteilung Oktober 2017)